Geschichte der Polen in Österreich
Im Laufe der Geschichte treffen wir in Österreich oft auf Polen. Durch dieses Land pilgerten sie nach Rom. 1683 kam der polnische König Jan III Sobieski nach Wien, um die Stadt von der türkischen Belagerung zu befreien. 13 Mal verbanden sich die herrschenden Königshäuser unserer Länder durch Hochzeiten. Hier starb der polnische König Bolesław II, hier studierte der hl. Stanisław Kostka.
Die Auswanderung der Polen nach Österreich, die ihren damaligen Höhenpunkt Ende der 19. Jahrhunderts erreichte, begann zur Zeit der Besetzung des südlichen Teils Polens durch die habsburgische Monarchie. Polen bekleideten zu dieser Zeit bedeutende Positionen in der österreichischen Regierung und im Parlament: Graf Alfred Potocki und Graf Kazimierz Badeni waren Kanzler, Franciszek Smolka war Vorsitzender der Abgeordnetenkammer im Parlament. Chopin, Sienkiewicz, Kiepura, sowie andere berühmte polnische Künstler besuchten zu dieser Zeit Österreich. Bereits 1801 bemühten sich die Polen, ein polnisches Seelsorgezentrum in Österreich einzurichten. 1897 setzten sie durch den Bau einer polnischen Kirche am Rennweg in Wien ein Zeichen. Die bekannte Kirche am Kahlenberg, mit der von Polen zu Ehren von König Sobieski errichteten Kapelle, wird seit 1906 von den polnischen Ordensbrüdern der Resurrektionisten betreut.
1864 wurde in Wien die erste polnische Organisation – der Verein „Ognisko“ gegründet und 1884 entstand die polnische Schule. Auf Initiative einiger Mitglieder des Vereins „Ognisko“ und anderer Unterstützer wurde der Verein „Sokół“ gegründet, der seit 1896 (Datum der Registrierung) unter dem Namen „Sokół Polski in Österreich“ mit Hauptsitz in Wien aktiv ist. Aus den Mitgliedsbeiträgen und Spenden kauften die Polen 1908 das als „Polski Dom“ (Polnisches Haus) bekannte Haus in der Boerhaavegasse 25 im 3. Wiener Gemeidebezirk, welches bis heute die polnische Gemeinde in Wien beheimatet. Die Zahl der Polen in Österreich stieg in dieser Zeit beachtlich an und erreichte 1914 ca. 50,000 (nur in Wien).
Nach 1918 kehrten viele Polen in die wieder unabhängige Heimat zurück, während die polnischen Organisationen, die polnische Schule und die Bibliothek sowie der Chor, die Pfadfinder und der Turnverein „Sokół Polski“ weiterhin aktiv blieben.
Der Zweite Weltkrieg brachte viele polnische Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in österreichisches Bundesgebiet. Im KZ-Mauthausen und den Nebenlagern kamen mehr als 60.000 Polen ums Leben, was ca. die Hälfte der Opfer dieses Konzentrationslagers ausmacht. In dem nun an Nazi-Deutschland angeschlossenen Österreich wurden jegliche polnische Aktivitäten sowie die polnische Sprache verboten.
Im Jahr 1945 befanden sich mehr als 100.000 Polen in Österreich, großteils in den westlichen Zonen. In den darauf folgenden Jahren waren die „Auslandspolen“ besonders aktiv. Es arbeiteten hier viele polnische Priester, tausende polnische Schüler besuchten österreichische Schulen, hunderte Pfadfinder nahmen ihre Aktivitäten wieder auf, es wurden mehrere polnische Zeitschriften herausgegeben usw. Bis 1950 gingen jedoch die meisten Polen in ihre Heimat zurück oder wanderten in andere Länder aus. Ende der 60er Jahre lebten noch mehr ca. 6.000 Polen in Österreich.
Ab 1968 nahm die wirtschaftlich und politisch bedingte Auswanderung aus Polen wieder zu. 1981, zur Zeit des Kriegrechts in Polen, gab es mehr als 30.000 Polen in Österreich. Die vielen polnischen Einwanderer, unter denen sich sehr viele Solidarnosc-Aktivisten und Intellektuelle befanden, die schwierige politische Situation in Polen, sowie der Besuch des Papstes im Jahr 1983 verstärkten die polnischen Aktivitäten in Österreich. Es entstanden mehrere neue polnische Organisationen sowie Seelsorgestellen im ganzen Bundesgebiet.
Zur Zeit leben ca. 80.000 Polen in Österreich, die meisten von ihnen in Wien und Wien-Umgebung. Andere polnische Zentren befinden sich in Linz, Graz, Wr. Neustadt, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt und Bregenz. Einige wenige Polen sind in anderen Regionen Österreichs ansässig. In Wien wird an der polnischen Schule (ca. 450 Schüler) sowie in manchen öffentlichen Schulen die polnische Sprache unterrichtet. Viele polnische Klubs, Bibliotheken, Videotheken, Restaurants und Geschäfte sind hier ansässig. Immer mehr polnische bzw. polnisch-österreichische Firmen werden gegründet. Viele Absolventen polnischer Hochschulen, polnische Künstler sowie eine beträchtliche Anzahl an hochqualifizierten und anerkannten Fachleuten aus Polen, weiters ca. 300 polnische Fachärzte und etwa gleich viele katholische Priester, mehrere hundert Absolventen Technischer Hochschulen sowie viele Krankenschwestern leben und arbeiten in Österreich.
Jedes Jahr im September finden die polnischen Kulturtage statt, die Polen den Österreichern näher bringen sollen. Auch viele andere interessante Initiativen tragen dazu bei.
Ein besonderer Treffpunkt der Polen ist nach wie vor die polnische Kirche am Rennweg mit dem Seelsorgezentrum „Emaus“, ebenso wie ca. 20 weitere Seelsorgestellen in allen Bundesländern. Die Kirche am Rennweg wird jeden Sonntag von ca. 6.000 Gläubigen besucht.
In Österreich sind zur Zeit mehr als 30 polnische Organisationen tätig, die größtenteils in dem 1993 gegründeten Dachverband Gemeinschaft Polnischer Organisationen „Forum der Polen“ vereinigt sind.